Röntgen- Intensivkurs in Apulien: Rückblick & Ausblick auf künftige Kurse
Nun sind wir wieder zurück im Norden. Eine Woche Frühlings-Preview in Süditalien und viel Infos zum Röntgen der Wirbelsäule im Gepäck. Vom 21. – 24. März hatte sich eine kleine Crew in den Bergen zwischen Bari und Tarent getroffen, um gemeinsam über die Rolle funktioneller und morphologischer Gesichtspunkte beim Röntgen der Wirbelsäule zu diskutieren.
Neben den ‚Klassikern‘ HWS & Kopfgelenke wurde auch der Region Becken-Bein-LWS breit Raum gegeben. Neben unseren ‚eigenen‘ funktionellen Kriterien kam mit E.Decker auch die klassisch morphologisch ausgerichtete Radiologie zum Wort. So konnte einmal mehr gezeigt werden, dass erst die Wertung der Funktion den morphologischen Details ihre klinische Relevanz zuweist. Nicht die Prominenz oder Auffälligkeit eines Befundes sind behandlungsrelevant, sondern ihr funktionell-pathogenetisches Potential.
Parallel zu diesem Hauptthema wurden in mehreren Referaten die Frage angesprochen, wie sich die so gewonnenen Erkenntnisse in der Problemanalyse und Behandlungsplanung fruchtbar machen lassen. Neben der Frage des Bezugsrahmens (behandeln wir ein Individuum – oder nicht viel mehr einen Menschen in seinem sozialen Kontext) kamen auch die Begriffe ‚Emergenz‘ und ‚verkörperte Intelligenz‘ zur Sprache, die mir sehr am Herzen liegen. Etwas verkürzt könnte man sagen, dass Emergenz bedeutet, dass sich Neues ergibt, wenn man eine gewisse Komplexität überschreitet.
Noam Chomsky hat das in einem Interwiev so auf den Punkt gebracht:
Take, say, physics, which restricts itself to extremely simple questions. If a molecule becomes too complex, they hand it over to the chemists. If it becomes too complex for them, they hand it to biologists. And if the system is too complex for them, they hand it to psychologists… and so on until it ends up in the hands of historians or novelists. As you deal with more and more complex systems, it becomes harder and harder to find deep and interesting properties. (Quelle hier)
Lutz Koch stellte in einem Referat den Stand der Erkenntnis zur Schmerzverarbeitung und Sensomotorik dar. An diesem konkreten Beispiel konnten wir sehen, dass es ein weiter Weg ist von der Grundlagenforschung bis zur klinischen Realität. B.Küsgen demonstrierte anhand kasuististischer Beispiele, wieviel man in der täglichen Arbeit an Interessantem finden kann, wenn man nur schaut – eine Erkenntnis, die auch B.Maggi anhand seiner Fälle untermauerte.
Wir hatten bei der Planung des Kurses die logistischen Herausforderungen etwas unterschätzt, und so meldeten sich etliche Kollegen, um zu sagen, dass sie gerne gekommen wären, ihnen aber die Mühe der Anreise dies nicht erlaubt hätte. So waren wir etwas weniger als geplant, was aber durchaus vorteilhaft war für den zweiten Aspekt des Treffens – die
Weitere Planung:
Anhand der in Apulien gemachten Erfahrungen und basierend auf den vorherigen Kursreihen haben wir jetzt ein kompaktes Kurrikulum, das wir in 3-5 Wochenend- Kursen in Köln einsetzen wollen. Gerade für die jüngeren Kollegen ist die exakte Analyse der Funktionsstörungen der Wirbelsäule noch weitgehend Neuland. Das soll in Zukunft im Mittelpunkt stehen, und verbunden sein mit einer Einführung in die darauf basierende Behandlung. Diese Sichtweise soll sich so nahe wie möglich an solide naturwissenschaftliche Erkenntnisse anlehnen. Manualmedizin ist keine ‚alternative‘ Methode, sondern eine, wenn nicht die älteste ärtzliche Behandlung. Das wollen wir vermitteln, und das kann (fast) jeder in sein gewohntes Konzept integrieren. Nicht eine bestimmte Analyse- oder Therapiemethodik steht im Mittelpunkt, sondern das Denken in der klinischen Komplexität angemessenen Mustern. Jede Esoterik, jeder Personenkult ist mir ein Greuel. Aber – und das sei hier ganz offen vermerkt – es geht auch nicht drum, sich ein Diplom zu verdienen, das man dann an die Praxiswand nagelt.
Wir werden keine ‚HIO-Kurse‘ anbieten. Das ist ungefähr so sinnvoll, wie klavierspielen an einem Wochenende beibringen wollen. Was wir sinnvoller Weise vermitteln können&werden sind die Prinzipien und Tipps&Tricks. Das know-how muß man sich lang-&mühsam erwerben und – wie allgemein bekannt sein sollte – gibt es da die 10.000-Stunden-Regel. Schreckt viele ab, aber ist so.
Also: Handwerkszeug vermitteln, Basis legen und helfen, dies im klinischen Alltag einzusetzen. Deshalb sollten zwischen den einzelnen Terminen auch genügend Arbeitstage liegen, an&in denen das frisch Erworbene dann – vorsichtig und ängstlich – umgesetzt und ausprobiert wird.
Wir haben 5x die Kursreihe durchgezogen und ich sah immer wieder, dass die KollegInnen die praktische Komponente weit unterschätzten. Aber vielleicht wird das in Zukunft besser ;-)